01.06.2006

Verein Burgfreunde knüpft Kontakte mit Tschechien
"Altmühl-Dollnsteiner" Hugo Bittlmayer huldigte dem Burgherrn

Dollnstein/Jiretin pod Jedlovou (be). Über das Internet wurde man fündig: Auf der Suche nach weiteren Orten, die dem eigenen Ortsnamen gleichen oder ähneln, stießen die Dollnsteiner „Burgfreunde“ auf eine stattliche Burgruine. Ihr Name „Tollenstein“ ist identisch mit der 1194 für Dollnstein bezeugten Version des Ortsnamens Dollnstein. Die Burg „Tolstejn“, so der heutige tschechische Name, liegt nahe dem Ort Jiretin pod Jedlovou in Tschechien, dem ehemaligen Georgenthal in der Oberlausitz. 670 m hoch auf einem nach allen Seiten steil abfallenden und sehr aussichtsreichen Bergkegel gelegen, gehört sie zu den am meisten besuchten Wanderzielen im Lausitzer Gebirge. Von dieser einstigen sehr wehrhaften und umfangreichen Verteidigungsanlage, die im Mittelalter wegen ihrer Lage an der der nördlichen Grenze des Königreichs Böhmen eine bedeutende Rolle spielte, sind auch heute noch beeindruckende Reste erhalten.
Bei weiteren Recherchen der Dollnsteiner stellte sich heraus, dass der Name der Ruine wegen ihrer zentralen Lage und Bedeutung im Jahr 1999 auch auf ein grenzübergreifendes Projekt der umliegenden tschechischen und deutschen, allesamt im ehemaligen „Schluckenauer Zipfel“ gelegenen Gemeinden übertragen wurde. Damals schlossen sie sich in einem freiwilligen „Gemeindebund Tollenstein“ mit der Absicht zusammen, mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union ihre Kräfte und Mittel zu bündeln für die Förderung der Wirtschaftkraft und vor allem die Entwicklung des Fremdenverkehrs in der abgelegenen Gegend. 2001 wurde auf dem Hof der Burgruine unter Anwesenheit der Bürgermeister der beteiligten Gemeinden in einer Art historischem Spiel feierlich die „Tollensteinherrschaft“ erklärt.

Um diese kennen zu lernen und auch in der Absicht, im Hinblick auf die 1000-Jahrfeier Kontakte zu knüpfen, besuchte am vergangenen Wochenende eine kleine Gruppe des Vereins „Burgfreunde Dollnstein“ mit ihrem Vorsitzenden Hugo Bittlmayer das Burgfest auf Tollenstein. In  Patric Jung, dem Bürgermeister der deutschen Stadt Schirgiswalde, die der Tollensteinherrschaft angehört, hatte man einen fachkundigen und engagierten Führer gefunden, der die Dollnsteiner zu den diesjährigen „Tollensteiner Festlichkeiten“ auf der Burg begleitete.
Dort konnten sie die jährliche Wiederholung der Erklärung von 2001 miterleben: Jeder der anwesenden Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden legte, in ein historisches Kostüm als „Vogt“ gekleidet, dem „Burgherren“ Albrecht Berka von Duba – er war in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts Burgbesitzer - den „Gehorsamseid“ ab, das Versprechen, die Ziele des Gemeindeverbundes nach Kräften zu unterstützen. Auch der Altmühltal-Dollnsteiner Hugo Bittlmayer wurde symbolisch in den Bund mit „aufgenommen“ und durfte als Vertreter „Altmühl-Dollnsteins“ dem Burgherrren „huldigen“ - eine freundschaftliche Geste im Hinblick auf eine vielleicht engere künftige Beziehung zwischen den beiden Orten. Nach dem Eid übergab Fürst Albrecht dann jedem der Bürgermeister erneut das Dekret, das den ehemaligen Schluckenauer Zipfel zur „Tollensteinherrschaft“ erklärt. Eingebettet war das Spiel in Ritterkämpfe und Darbietungen mittelalterlicher Tänze und Volkmusik, und auf der Wiese am Fuß der Ruine fand wie jedes Jahr eine Art historisches Volksfest statt.

Durch den Zusammenschluss der Gemeinden wurde in den vergangenen Jahren in dieser Region sehr viel erreicht: Die für den Tourismus notwendige Infrastruktur wie Verkehrsämter und Gaststätten wurden verbessert bzw. neu geschaffen, historische Gebäude, vor allem die für die Gegend charakteristischen „Umgebindehäuser“  vorbildlich saniert, ein Wanderwegenetz einheitlich markiert, eine Wanderkarte mit den sehenswerten Zielen in großer Auflage gedruckt und ein sehr informativer Internetauftritt erstellt.

Maskottchen der Tollensteinherrschaft ist der barmherzige Räuber Wilda, eine Sagengestalt, welche die Wanderer in einer weitgehend noch unberührten, urtümlichen und abwechslungsreichen Landschaft durch die Wälder und Schluchten, auf die Berggipfel mit ihren Aussichtstürmen, in die zahlreichen Museen und zu den anderen vielfältigen Sehenswürdigkeiten begleitet.

 

 

Die Burg Tollenstein (Tolstejn)

Jiretin pod Jedlovou (be) Der Tollenstein ist die am besten erhaltene Burgruine im Lausitzer Gebirge. Sie wurde wahrscheinlich in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Sicherung der „Prager Straße“, einer wichtigen Handelsstraße, die das Innere Böhmen mit der Lausitz verband, errichtet.
Im 14. Jahrhundert machten sie die Wartenberger zu ihrem Verwaltungszentrum. Um 1400 ging die Tollensteiner Herrschaft mit der Burg in den Besitz der Berka von Duba über, die damals zu den reichsten Herren in Böhmen zählten.
In kriegerischen Auseinandersetzungen wurde sie 1445 stark beschädigt und teilweise niedergebrannt. 1485 kamen das „Schluckenauer Ländchen“ mit der Burg Tollenstein an die sächsische Familie Scheinitz, die sie instandsetzen und mit Bastionen verstärken ließ.  1554 wurde für die Bergleute, die in der Umgebung Silber und andere Metalle abbauten, das Städtchen Georgenthal (Jiretin pod Jedlovou) gegründet. 1642 setzten die Schweden die Burg in Brand und eroberten sie. Danach wurde sie nicht mehr aufgebaut. Angeblich hielten sich nun in der Ruine lange Zeit Räuber auf, die versuchten, den Ruhm der mittelalterlichen Raubritter zu erneuern.

Ab dem 19. Jahrhundert gewannen die Bewohner der Umgebung aus der Ruine ihre Bausteine, suchten in ihren ausgedehnten Gewölben nach Schätzen und trugen damit maßgeblich zum weiteren Verfall bei. Mit dem Aufschwung des Tourismus Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch die Ruine Tollenstein zum Ziel vieler Besucher. 1977 aber musste sie geschlossen werden. 1995 erwarb sie die Stadt Jiretin, führte die notwendigsten Reparaturen durch und machte sie wieder zugänglich. Heute beherbergt sie eine Gaststätte. Ihre höchste Stelle, an der die ehemalige „Hochburg“ stand, ist durch eine Eisenleiter zugänglich und heute ein viel besuchter Aussichtspunkt. Trotz des weit fortgeschrittenen Verfalls sind von den Burggebäuden und Wehranlagen noch gewaltige Mauerreste erhalten, die nun nach und nach saniert werden sollen.

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