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 Überlegungen zur Rekonstruktion
der Dollnsteiner Oberburg

Die zuverlässige Abbildung der Oberburg, gezeichnet wohl erst nach ihrem Abbruch zwischen 1835 und 1850 vom Dollnsteiner Zimmermeister Joseph Ruf, zeigt die Burganlage von Südosten.

Der Abbildung sind vor allem auch sehr detaillierte Grundrisse beigefügt, mitsamt einer Maßstabsleiste (wohl in bayr. Fuß zu 29,19 cm). Zwar ist kaum davon auszugehen, dass diesen Plänen Vermessungen zugrunde liegen, sondern es dürfte sich durchwegs um Schätzmaße handeln, doch dürften die Schätzungen eines Zimmermeisters immerhin eine gewisse Güte besitzen.

Diese Pläne reizen dazu, sie in Kartenwerke zu implementieren, um die Vorstellungen zum Aussehen der Burg zu konkretisieren.

Als Grundlage zu einem Rekonstruktionsversuch dienen moderne Planmaterialien einerseits und die Uraufnahme des Ortsbereiches von 1813 (Maßstab 1:2500), die immerhin noch Reste der Oberburg andeutet und somit trotz gewisser Maßungenauigkeiten eine wichtige Quelle darstellt. Der bedeutendste Unterschied liegt darin, dass sich im aktuellen Plan durch die eingezeichneten Garagen, die beinahe bis an den Fels heranreichen, die reale Breite des Felsens ermitteln lässt, der auf dem Uraufnahmeblatt von 1813 im mittlerem Bereich zu schmal erscheint.

 

Links: Die Zeichnung von Joseph Ruf 1835   - Auf riss und Grundriss
Maßstabsleiste in Bayer. Fuß (29,186 cm)

Uraufnahme des Ortsbereiches von 1813 (schwarz)
und heutiger Baubestand (bunt)

Urheberrecht: Gerald Neuber

Beim Übertragen des Ruf’schen Grundrisses fällt zuallererst auf, dass der Gebäudekomplex der Oberburg einschließlich des nördlichen Höfleins nur rund 60 Meter misst, während der Schlossfelsen 80 Meter lang ist. Offenbar war nur ein Teil des Felsens bebaut. Natürlich könnte sich Ruf auch in den Maßen verschätzt haben. Eine entsprechende Vergrößerung seines Planes um 33% (80:60) würde aber jede Einpassung unmöglich machen; das nördliche Gebäude würde dann 15 m breit sein und definitiv nicht mehr auf den im Norden recht schmalen Felsen passen. Dass er sich bei den Längen mehr verschätzt hat als in den Breiten ist zwar theoretisch möglich, aber doch mehr als spekulativ.

Es wird daher im Folgenden weiter mit seinen Maßen gearbeitet – das beste das wir eben bisher haben. Durch den ausgesprochenen Längenunterschied bleibt natürlich ein großer Spielraum, wo die Gebäude standen – mehr im Norden oder mehr im Süden.

Insgesamt überzeugt dabei die südliche Variante mehr:

Lage der Oberburg nach der "südlichen Variante" (rot)

1. Der Treppenturm kommt etwa im Bereich eines modernen an den Felsen angebauten Wohnhauses zu liegen, also noch im Burghof, wohingegen bei der nördlichen Variante der Treppenturm quasi noch auf dem Felsen läge. Möchte man das mittlere Gebäude hinreichend weit nach Südosten verschieben, damit der Turm richtig läge, wäre man gezwungen den gesamten Gebäudekomplex aufzulösen, und die Bauteile gegeneinander zu verdrehen. Auch wenn diese Variante durchaus legitim ist, besteht doch ein methodisches Gegenargument darin, dass man sich quasi frei aussucht, welche Aspekte des Planes von Ruf man übernimmt und welche nicht, ohne weitere Indizien in der Hand zu haben.

 2. Die Gebäude passen relativ gut auf den Felsen, während bei der nördlichen Variante der Felsen im Norden fast schon zu schmal für das darauf platzierte Gebäude ist. Nur die Mauer im Norden reicht etwas zu weit in den Burghof. Bei diesem kleinen Detail müsste also eine Korrektur erfolgen.

3. Es ergeben sich relativ gute Übereinstimmungen mit den Gebäuderesten, die im Plan von 1813 eingetragen sind. Die Nordkante des Mittelbaus liegt ziemlich genau auf einer eingetragenen Flurgrenze – und was liegt näher, als dass diese nach der Versteigerung an den Gebäude(reste)n angepasst worden war. Auch der Nordbau liegt mit einer Seite auf einer relativ geraden Gebäudelinie von 1813.

4. Am Südende des Felsens existieren die einzigen noch vorhanden Mauerreste, so dass es plausibel ist, dass dort auch Gebäude standen. Dabei ist natürlich zu beachten, dass die Oberburg auch mehrere Bauphasen aufgewiesen haben mag, im Prinzip können die Mauern zu einem Gebäudeteil gehört haben, der zu Rufs Lebzeiten nicht mehr existierte.

Es gibt demnach also zumindest eine plausible Lösung für die Lage der Oberburg. Doch es wäre sehr wichtig, hier weitere Untersuchungen anzustellen. Ein 3D-Modell des Schlossfelsens (nicht zuletzt mit den Mauerresten!) dürfte eine genauere Prüfung erlauben. Idealerweise finden sich bei genauer Untersuchung des Felsens noch ein paar wenige Indizien und Bauspuren. Nicht zuletzt würde das Aufspüren des verfüllten Brunnen (bei Ruf als Kreis eingetragen) einen wichtigen Fixpunkt für die Lokalisierung der Gebäude liefern.

Mit solchen Hinweisen ließe sich auch sonst die Genauigkeit von Rufs Plan überprüfen. Bisher kann man dazu nur wenige Überlegungen anstellen. Für ihn sprechen seine Profession als Zimmermeister, der Detailreichtum seiner Pläne, die oben nachgewiesene Möglichkeit den Plan in aktuelles Kartenmaterial zu implementieren und einige kleine Beobachtungen:
So finden sich im Erdgeschoss offenbar kaum Fenster an der Westseite, was damit korrespondiert, dass der Schlossfelsen von Osten nach Westen ansteigt. Die Rückwand des EG hat wohl der Fels selbst gebildet. Entsprechend „niedrig“ liegt die Oberburg auch in seiner Ansicht, nur rund 9 bis 11 Meter über dem Niveau der Unterburg, während der Fels an der Westseite, insbesondere im – unbebauten – Norden einige Meter mehr Höhe erreicht.


Hinzu kommt ein kleines, weiteres, zugegebenermaßen sehr unsicheres Detail: Im Norden des Felsens wäre Platz für ein weiteres Gebäude, nämlich dem auf dem Heidecker Fresko dargestellten Bergfried. Rischert (ordentliche Quellenangabe) deutet den Nordbau von Rufs Plan als Stumpf eines Bergfriedes. Das kann auch durchaus sein, allerdings wären die Mauern für ein solches Gebäude ungewöhnlich „dünn“ – nur etwas über einen Meter, und die Einwölbung des Erdgeschosses mit zwei parallel verlaufenden Tonnengewölben wäre typologisch ungewöhnlich. Gerade hier wird nun aber auch deutlich, wie wichtig weitere klärende Untersuchungen wären.

Insgesamt wird das Heidecker Fresko aber erst verständlich, wenn man die Zeichnung von Ruf und die heute noch bestehende Unterburg im Blick hat. Das Fresko in der Liebfrauenkapelle zu Heideck zeigt im Rahmen einer St-Georgs-Darstellung eine Reihe von Burgen, von denen man seit langem annimmt, dass es sich um damalige Besitzungen der Herren von Heideck handelt. Allerdings gelingt nur bei wenigen eine sichere Identifikation. Dass die Burg in der linken oberen Ecke aber die Dollnsteiner Anlage zeigt, darf als sicher gelten. Auch wenn das Fresko keineswegs um eine realistische Darstellung bemüht ist, sind doch – wie bereits Rischert erkannt hat – alle wesentlichen typologischen Merkmale deutlich herausgearbeitet:
1. Die Burg liegt teilweise auf, teilweise vor einem Felsen. Die Ringmauer links im Bild gibt dabei genau richtig die halbkreisförmige Burgmauer der Dollnsteiner Unterburg wieder.
2. Der linke der beiden dargestellten Türme steht offenbar innerhalb des unteren Burghofes – er kann also leicht als der Treppenturm zur Oberburg verstanden werden.

Bild links: Fresko in der Frauenkirche in Heideck 1418

Abweichungen zur Realität sollen nicht verschwiegen werden, so wird das Burgtor direkt neben den Felsen dargestellt, obwohl es in Wirklichkeit etwa in der Mitte der Burgmauer liegt, allerdings reichen niedrigere Ausläufer des Felsens näher an das Tor heran, als man auf den ersten Blick vermuten würde, diese sind aber nur mehr im Inneren des an die nördliche Ringmauer angebauten Stadels erkennbar.
Das Gebäude auf dem Felsen mit seinen drei großen Fenstern an der Giebelseite und den überbetonten Ortgängen findet sich völlig identisch auch bei anderen Burgen des Freskos, es darf keinesfalls als reales Abbild missverstanden werden.
Insgesamt ist das 600 Jahre alte Bild jedenfalls zuverlässig genug, um auch die Existenz des auf späteren Abbildungen fehlenden Bergfrieds glaubhaft zu machen.
Dieser findet sich sonst nur mehr auf dem Marktwappen, das allerdings noch abstrakter ist als das Heidecker Fresko. So sind hier die Gebäude auf dem Felsen von einer zinnengekrönten Mauer umgeben, die sonst nirgends bezeugt ist und angesichts des sehr schmalen Felsens auch wenig glaubhaft wirkt. Es dürfte sicher nur Verbindungsmauern zwischen den einzelnen Gebäuden gegeben haben, wie sie auch Ruf darstellt.

Text und Grafiken: Gerald Neuber
Alle Rechte vorbehalten

Quellen: Rischert, Helmut: Burg, Herrschaft und Amt Dollnstein, 1987
Hensch, Mathias: Veröffentlichungen zu den Ausgrabungen in der Burg Dollnstein

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